Diskussionsbeiträge der Projektgruppe Friedensforschung Konstanz, Nr. 53, 2004

3 Evaluation of the war parties' actions
D3 De-escalation-oriented pole: Cooperation
D3.3

(Supporting) description of cooperative behavior, of possibilities for cooperation or common gain from ending the war and/or
the Role of third parties is interpreted as mediating (win-win) rather than exerting (moral, economic or military) pressure (win-lose)

    Example D3.3.3



Die Welt, 15.3.2002, S. 7

Jugoslawien ist tot, es lebe "Serbien und Montenegro"

VON BORIS KALNOKY

Budapest - Die am längsten prophezeite Krise des Balkan findet vermutlich nicht statt. Seit mindestens drei Jahren stand die Abspaltung Montenegros von Serbien mehr oder minder "unmittelbar bevor"; nun haben sich die beiden Teilrepubliken Jugoslawiens stattdessen auf einen neuen, gemeinsamen Staat geeinigt. Ein Staat auf Zeit - in drei Jahren dürfen sich beide noch einmal überlegen, ob sie nicht doch unabhängig sein wollen.
Die Einigung kam nach wochenlangen Verhandlungen zu Stande, in denen der EU-Außenpolitikkoordinator Javier Solana eine herausragende Rolle spielte. Am Ende stand eine Konstruktion, die es allen Seiten ermöglichen soll, das Gesicht zu wahren, und die eine endgültige Lösung - wie so oft auf dem Balkan - auf die lange Bank schiebt. Ein Staat auf Probe entsteht, dessen Fortbestehen erst nach drei Jahren entschieden wird. Sein Name: "Bundesstaat von Serbien und Montenegro". Nicht sehr hübsch, aber hier geht es auch nicht um Schönheit, sondern ums nackte Überleben eines solchen Staates.

"Die Gründung des Staates ist ein wichtiger Schritt für die Stabilität Europas"
Javier Solana

Die labyrinthischen Strukturen des jugoslawischen Bundesstaats à la Milosevic verschwinden. Statt eines Zweikammernparlamentes, in dem niemand entscheiden kann, wird es nun eine Kammer geben, die den Staatspräsidenten wählt. Der wiederum bestimmt die Regierung. Auf diese Weise bleibt die Bundesregierung ohne direkte Legitimierung durch das Volk und wird somit schwach sein. Ein gemeinsames Oberes Gericht wird es geben, aber keine gemeinsame Währung. Montenegro behält den Euro, Serbien den Dinar, der noch im Frühling frei konvertibel werden soll. Der Einsatz der gemeinsamen Armee kann nur im Konsens entschieden werden.
Der entscheidende Punkt ist eine Klausel, der zufolge beide Partner nach drei Jahren entscheiden können, sich dennoch zu trennen. In diesem Fall wird Serbien der Rechtsnachfolger Jugoslawiens. Mit dieser Klausel wird eine verwirrende rechtliche Situation aufgelöst: Bislang sah die montenegrinische Verfassung das Recht auf Abspaltung per Referendum vor, die serbischen und jugoslawischen Verfassungen jedoch nicht.
Selbst wenn es zu einem Referendum kommen sollte, ist eine Abspaltung Montenegros nunmehr unwahrscheinlich. In keinem Wahlgang hat es dafür bislang eine überzeugende Mehrheit gegeben, und die knappen rechnerischen Mehrheiten für die Selbständigkeit kamen nur dank der albanischen und moslemischen Minderheiten zu Stande.

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