Südkurier,
23.02.91
"Denkbar
schlechteste Lösung"
Israelische Politiker sehen bei einem sofortigen Waffenstillstand erhöhte
Gefahr für ihr Land
Von SÜDKURIER-Korrespondent Charles A. Landmann, Tel Aviv
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Als
schlechtestmögliche aller Lösungen wird in Israel ein sofortiger
Waffenstillstand bezeichnet. Man hofft, daß
die USA die irakische Kriegsmaschinerie vollständig zerstören
und Saddam Hussein von der Macht vertrieben wird. 'Sehr schlecht
und gefährlich' für Israel bezeichnete Ministerpräsident
Jizchak Schamir die Möglichkeit, daß Saddam Hussein nach Ende
des Golfkrieges an der Macht und 'ein substantieller Teil seiner gewaltigen
Armee intakt bleibt'.
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Praktisch
alle Kommentatoren werteten die Möglichkeit eines Waffenstillstandes
zum gegenwärtigen Zeitpunkt als die 'für Israel schlechtestmögliche
Lösung'. Die Tatsache, daß der Irak erstmals auf das Junktim
Kuwait-Palästina verzichtet hat, wird zwar erwähnt, nicht aber
als politischer Erfolg eingestuft.
Eine sofortige Einstellung der Kampfhandlungen würde Israel nicht nur
weiterhin der Gefahr irakischer Raketenangriffe aussetzen, sondern diese
gar noch erhöhen. Einerseits wäre der jüdische Staat praktisch
auf sich allein gestellt und andererseits könnte der Irak dann sein
gesamtes Angriffspotential auf Israel richten.
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Ex-Außenminister
Abba Eban faßte die israelische Meinung für den Fall eines sofortigen
Waffenstillstandes mit der Feststellung zusammen: Die USA hätten dann
zwar den Krieg gewonnen, das Kriegsziel aber verfehlt. Denn dieses sei nicht
allein, wie in den UNO-Beschlüssen deklariert, der irakische Abzug
aus Kuwait, sondern Saddam Husseins Ausschaltung und die Zerstörung
der irakischen Kriegsmaschinerie. |
Obwohl
nach wie vor 83,6 Prozent aller Israelis gegen ein militärisches Eingreifen
zum gegenwärtigen Zeitpunkt sind und 62,7 Prozent gar glauben, Israel
solle sich auch in Zukunft aus dem Krieg heraushalten, steigt der Druck
innerhalb der Regierung. Traten bisher nur
vier Minister für ein militärisches Einschreiten gegen den Irak
ein, so wird sich diese Zahl sprunghaft erhöhen, falls die Kampfhandlungen
jetzt eingestellt werden. Die
Wahrscheinlichkeit, daß Israel bis zum Beginn des irakischen Abzuges
oder gar noch während dieser vollzogen
wird, zumindest zum Schlag gegen die irakischen Raketenabschußrampen
und Scuds in Westirak ausholt, wird in diesem Fall erheblich größer.
Ausnahmslos alle palästinensischen Politiker in den besetzten Gebieten
begrüßten demgegenüber den sowjetischen Friedensplan und
die irakische Zustimmung dazu. Die Tatsache, daß Bagdad erstmals auf
das Junktim mit dem Palästinenserproblem verzichtet hat, werde ohne
politische Auswirkungen bleiben. Wenn der Golfkrieg zu Ende sei, dann werde
auch über Palästina verhandelt werden.
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