conflict & communication online, Vol. 1, No. 1, 2002
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ISSN 1618-0747

 

 

 

Anton Pelinka (Innsbruck)
Die FPÖ im internationalen Vergleich - Zwischen Rechtspopulismus, Deutschnationalismus und Österreich-Patriotismus

Die Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) fällt im europäischen Kontext deshalb auf, weil sie die erfolgreichste der Parteien ist, die mit dem Begriff "Rechtspopulismus" bezeichnet werden. Der Beitrag versucht, die Erfolge der FPÖ bei Wahlen aus den Rahmenbedingungen des österreichischen politischen Systems und der österreichischen Gesellschaft zu erklären.
Das als "hyperstabil" bezeichnete politische System Österreichs hat in den letzten 20 bis 25 Jahren signifikante Veränderungen durchgemacht. Die Erfolge der FPÖ sind eine Begleiterscheinung dieser Veränderungen - weder deren Ursache, noch deren Auslöser. Dies wird umso deutlicher, wenn die Veränderungen der österreichischen Gesellschaft und ihrer politischen Kultur in die Analyse einbezogen werden: Zuerst begann sich die Loyalität innerhalb der politisch-weltanschaulichen Lager aufzulösen - und dann erst begann der Aufstieg der FPÖ von einer kleinen, um Respektabilität bemühten Partei zu einer ihre Außenseiterrolle betonenden Protestpartei.
Die Besonderheit der FPÖ, die sich auch in der europäischen Reaktion auf ihre Regierungsbeteiligung seit dem Februar 2000 äußerte, muss auch aus der Vorgeschichte der Zweiten Republik allgemein und der Freiheitlichen Partei im besonderen erklärt werden. Darin spiegelt sich auch der Zusammenhang zwischen der Entwicklung österreichischer Identität von einer transnationalen über eine deutschnationale zu einer spezifisch österreichischen nationalen Identität. Die in dieser Entwicklung zum Ausdruck kommenden Brüche werden in der Widersprüchlichkeit der FPÖ zugespitzt verdeutlicht: In ihren deutschnationalen Wurzeln verkörpert die FPÖ die Absage an die Konvergenz von Staat und Nation; in ihrer "populistischen" Orientierung ist die Partei aber österreichisch-patriotisch.
Die FPÖ ist schließlich auch in der sozialen Struktur ihrer Wählerschaft zu begreifen: Die Partei artikuliert vor allem die Interessen der Modernisierungsverlierer. Die Partei ist insoferne "postmodern", als sie die von der Modernisierung von Politik und Gesellschaft bewegten Menschen anspricht, die von der Modernisierung aus traditionellen politischen Bindungen freigesetzt werden - und sich gegen die Folgen der Modernisierung zur Wehr setzen. Diese Entwicklung steht in direktem Zusammenhang mit der Proletarisierung einer historisch als "bürgerlich" eingestuften Partei. Und dieser Umstand erklärt auch die anti-europäische, anti-internationale Rhetorik der Partei, die sich gegen "Fremde" und "Fremdes" wendet.

 

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Zum Autor: Anton Pelinka, seit 1975 Professor für Politikwissenschaft, Universität Innsbruck. Seit 1990 Wissenschaftlicher Leiter des Instituts für Konfliktforschung, Wien. Schwerpunkte: Politisches System Österreichs, Demokratietheorie, Vergleich politischer Systeme. Veröffentlichungen u.a.: "Austria: Out of the Shadow of the Past" (Boulder: Westview, 1998); "Österreichische Politik" (gemeinsam mit Sieglinde Rosenberger, Wien: Boehlau, 2000).

Adresse: Institut für Politikwissenschaft, Universität Innsbruck (www.uibk.ac.at), Universitätsstraße 15, A 6020 Innsbruck. e-mail: anton.pelinka@uibk.ac.at