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Anton Pelinka (Innsbruck)
Die FPÖ im internationalen Vergleich - Zwischen Rechtspopulismus,
Deutschnationalismus und Österreich-Patriotismus
Die Freiheitliche
Partei Österreichs (FPÖ) fällt im europäischen Kontext
deshalb auf, weil sie die erfolgreichste der Parteien ist, die mit dem
Begriff "Rechtspopulismus" bezeichnet werden. Der Beitrag versucht,
die Erfolge der FPÖ bei Wahlen aus den Rahmenbedingungen des österreichischen
politischen Systems und der österreichischen Gesellschaft zu erklären.
Das als "hyperstabil" bezeichnete politische System Österreichs
hat in den letzten 20 bis 25 Jahren signifikante Veränderungen durchgemacht.
Die Erfolge der FPÖ sind eine Begleiterscheinung dieser Veränderungen
- weder deren Ursache, noch deren Auslöser. Dies wird umso deutlicher,
wenn die Veränderungen der österreichischen Gesellschaft und
ihrer politischen Kultur in die Analyse einbezogen werden: Zuerst begann
sich die Loyalität innerhalb der politisch-weltanschaulichen Lager
aufzulösen - und dann erst begann der Aufstieg der FPÖ von einer
kleinen, um Respektabilität bemühten Partei zu einer ihre Außenseiterrolle
betonenden Protestpartei.
Die Besonderheit der FPÖ, die sich auch in der europäischen
Reaktion auf ihre Regierungsbeteiligung seit dem Februar 2000 äußerte,
muss auch aus der Vorgeschichte der Zweiten Republik allgemein und der
Freiheitlichen Partei im besonderen erklärt werden. Darin spiegelt
sich auch der Zusammenhang zwischen der Entwicklung österreichischer
Identität von einer transnationalen über eine deutschnationale
zu einer spezifisch österreichischen nationalen Identität. Die
in dieser Entwicklung zum Ausdruck kommenden Brüche werden in der
Widersprüchlichkeit der FPÖ zugespitzt verdeutlicht: In ihren
deutschnationalen Wurzeln verkörpert die FPÖ die Absage an die
Konvergenz von Staat und Nation; in ihrer "populistischen" Orientierung
ist die Partei aber österreichisch-patriotisch.
Die FPÖ ist schließlich auch in der sozialen Struktur ihrer
Wählerschaft zu begreifen: Die Partei artikuliert vor allem die Interessen
der Modernisierungsverlierer. Die Partei ist insoferne "postmodern",
als sie die von der Modernisierung von Politik und Gesellschaft bewegten
Menschen anspricht, die von der Modernisierung aus traditionellen politischen
Bindungen freigesetzt werden - und sich gegen die Folgen der Modernisierung
zur Wehr setzen. Diese Entwicklung steht in direktem Zusammenhang mit
der Proletarisierung einer historisch als "bürgerlich"
eingestuften Partei. Und dieser Umstand erklärt auch die anti-europäische,
anti-internationale Rhetorik der Partei, die sich gegen "Fremde"
und "Fremdes" wendet.
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Zum Autor: Anton Pelinka, seit 1975 Professor für Politikwissenschaft,
Universität Innsbruck. Seit 1990 Wissenschaftlicher Leiter des Instituts
für Konfliktforschung, Wien. Schwerpunkte: Politisches System Österreichs,
Demokratietheorie, Vergleich politischer Systeme. Veröffentlichungen
u.a.: "Austria: Out of the Shadow of the Past" (Boulder: Westview,
1998); "Österreichische Politik" (gemeinsam mit Sieglinde
Rosenberger, Wien: Boehlau, 2000).
Adresse: Institut für Politikwissenschaft, Universität
Innsbruck (www.uibk.ac.at), Universitätsstraße
15, A 6020 Innsbruck. e-mail: anton.pelinka@uibk.ac.at
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