conflict & communication online, Vol. 3, No. 1 & 2, 2004
www.cco.regener-online.de
ISSN 1618-0747

 

 

 

Rune Ottosen
Das Bild der norwegischen Medien vom Krieg in Afghanistan. Friedenssicherung oder Aggression?

Der Artikel analysiert das Framing der norwegischen Medienberichterstattung über den Krieg gegen den Terrorismus in Afghanistan. Der Schwerpunkt liegt auf der Berichterstattung über die norwegische Militärpräsenz in Afghanistan.
Als das ehemalige Jugoslawien im April 1999 angegriffen wurde, war dies das erste Mal nach dem Zweiten Weltkrieg gewesen, dass die norwegischen Streitkräfte in eine militärische Intervention involviert waren. Damals erfüllte Norwegen eine militärische Unterstützungsfunktion und stellte den angreifenden NATO-Streitkräften Kampfflugzeuge und norwegische Piloten zur Verfügung. Indem an der Jagd auf die El-Kaida-Kämpfer in den Bergen Afghanistans auch norwegische Bodentruppen beteiligt waren, stellte der Krieg in Afghanistan demgegenüber eine neue Dimension dar.
Der vorliegende Artikel soll ein Bild der norwegischen Medienberichterstattung über den Krieg in Afghanistan mit spezieller Betonung der Berichterstattung über die Rolle Norwegens in dem Konflikt zeichnen. Als kleines Land mit traditionell engen Beziehungen zu den USA musste Norwegen - wie viele andere kleine Länder auch - die Balance halten zwischen dem Bedürfnis, den Rahmen des internationalen Rechts nicht zu verletzen, zugleich aber auch die USA nicht durch Kritik und Verhalten zu provozieren, das als unloyal betrachtet werden und so die bilateralen Beziehungen belasten könnte.
Dieses Dilemma muss als Hintergrund für das Verhalten der Mainstream-Medien gesehen werden, die sich gegenüber der norwegischen Sicherheitspolitik traditionell loyal verhalten. Zwei Hauptpunkte werden diskutiert: 1. Wie wurde über den Kriegsbeginn im Oktober 2001 von den Medien berichtet? 2. In welchem Kontext wurde über die norwegische Militärpräsenz berichtet?
Die beiden Zeitungen, die analysiert wurden, sind "Aftenposten" und "VG". Mit diesen beiden Zeitungen wurden Norwegens grösste und vielleicht einflußreichste Morgenzeitung (Aftenposten), die gleichzeitig die grösste Boulevardzeitung ist, sowie die grösste Tageszeitung (VG) ausgewählt. Für die Analyse der Berichterstattung wurden sowohl quantitative als auch qualitative Methoden verwendet.
Die Berichterstattung sowohl der "Aftenposten" als auch der "VG" über den ersten Tag des Krieges in Afghanistan ist dominiert von US-freundlichem Framing und der Verwendung westlicher Quellen. In der "Aftenposten" ist das US-freundliche Framing offensichtlicher als in der "VG". Das Editorial der "VG" ist bedingungsloser als das der "Aftenposten". Die "VG" ist auch viel klarer in ihrer Darstellung Norwegens als möglichem Opfer künftiger Terrorakte. Dass Norwegen in der Region militärisch aktiv werden könnte, kommt in diesem Stadium in beiden Zeitungen so gut wie nicht vor. Wenn auch sehr oberflächlich, so werden die rechtlichen Aspekte dennoch in beiden Zeitungen erwähnt. Keine der beiden Zeitungen fokussiert mögliche "versteckte Ziele" in ihrer Berichterstattung. Die globalen Interessen der USA oder die Kontrolle des Ölvorkommens in der Region spielen keine Rolle. Die "Aftenposten" bagatellisiert die Bombardierung einer Hochzeit als "Kollateralschaden" und bringt dies in keiner Weise mit der norwegischen Militärpräsenz in Verbindung. Norwegen ist einfach der "Wohltäter", der von den USA dafür gelobt wird, dass er einen "guten Job" macht.

 

  englischer Volltext  
 
Zum Autor:
Rune Ottosen, geb. 1950, Cand. polit. in Politikwissenschaften (Universität Oslo, 1984), BA in Journalismus (Norwegian College of Journalism, 1973); Arbeit als Journalist in verschiedenen Medien (1977-84); Lehrbeauftragter und Forschungstätigkeit am Norwegian College of Journalism (1984-88); Information Director und Forschungstätigkeit am International Peace Research Institute, Oslo (PRIO) (1989-92); Forschungstätigkeit bei der Norwegian Federation of Journalists (1993-95); Associate Professor in der Fakultät für Journalismus, Bibliotheks- und Informationswissenschaften, Oslo College, seit 1996; Professor in der selben Institution seit 1999. Ottosen ist außerdem Präsident der Norwegian Association of Non-Fiction Authors and Translators. Autor verschiedener Bücher und Artikel über Geschichte des Journalismus und verschiedene Themen im Zusammenhang mit Krieg und Journalismus. Aktuelle Buchpublikationen: Journalism and the New World Order, Vol. I, 2000; Kosovokonflikten, medierna och medlidandet (Der Kosovo Konflikt, Medien und Mitgefühl), 2002; U.S. and the Others. Global Media Images on "The War on Terror" (Die USA und die anderen. Globale Medienbilder des "Kriegs gegen den Terrorismus"), 2004.

Adresse: Journalism programme, Faculty of Journalism, Library and Information Science, Oslo University College, Postboks 4 St. Olavspl. 0130 Oslo, Norway. eMail: Rune.Ottosen@jbi.hio.no, http://home.hio.no/~rune/