conflict & communication online, Vol. 3, No. 1 & 2, 2004
www.cco.regener-online.de
ISSN 1618-0747

 

 

 

Dov Shinar
Der Friedensdiskurs in den Medien: Beschränkungen, Konzepte und Bausteine

Normative, fachliche und akademische Voraussetzungen bestimmen die Diskussion sowohl über die Wichtigkeit als auch über das Fehlen eines Friedensdiskurses in den Medien ebenso wie über die Notwendigkeit und die Möglichkeit, einen solchen Diskurs anzustoßen. Die Ausgangspunkte dafür bestehen darin, dass die Medien in die Friedensförderung einbezogen werden müssen, dass die Friedensberichterstattung durch das Fehlen eines Friedensdiskurses im normalen Repertoire der Medien behindert wird; und dass die Installation, die Entwicklung und die Vermarktung eines Friedensdiskurses in den Medien in die aktuellen Forschungsaufgaben einbezogen werden sollten.
Die Entwicklung eines friedensorientierten Mediendiskurses kann durch drei konzeptuelle Elemente unterstützt werden, (1) durch von den Medien bereits verwendete Strategien der Friedensberichterstattung, (2) durch den Wettbewerb zwischen dominanten und alternativen Frames, für welchen der Nachrichtenwert den Maßstab des Erfolges darstellt, und (3) durch das Konzept einer "konstitutiven Rhetorik" - das Erschaffen, die Legitimierung und die Veränderung von Wirklichkeit durch Texte, rhetorische Konstrukte und die Manipulierung von Symbolen - als diskursschaffender Maßnahme.
Die Forschung bezüglich der drei Hauptstrategien, welche die Medien in der Friedensberichterstattung verwenden - (1) Framing der Friedensberichterstattung in einem Kriegsdiskurs, (2) Trivialisierung und (3) Ritualisierung der Berichterstattung - lässt darauf schließen, dass die letztgenannte Strategie besser als die beiden anderen in diesen konzeptionellen Rahmen passt und für die Entwicklung eines Friedensdiskurses in den Medien besser geeignet ist.
Einige Erkenntnisse und Modelle der Medienforschung können konzeptionell genutzt werden um paradigmatische Frames und Variablen bereitzustellen. Gute Beispiele hierfür bieten das Konzept des Medienereignisses und die verschiedenen Ansätze der Textanalyse, die sich auf narrative Techniken Darstellungsstile und Konzepte wie jene des "Master-Frames" oder des "Super-Texts" beziehen -Strukturprinzipien, auf die zurückgegriffen werden kann, um mögliche Inhalte eines Friedensdiskurses in den Medien zu inspirieren.
Bezüglich der Forschungs- und Entwicklungsanstrengungen auf dem Gebiete der Friedensberichterstattung wird schließlich angeregt: (1) Die machtvolle Stellung der Medien bei der Gestaltung der internationalen Beziehungen muss benutzt werden, um negative Einstellungen zum Frieden zu überwinden. (2) Es ist wichtiger, den Nachrichtenwert der Friedensberichterstattung zu optimieren als missionarische Versuche zu unternehmen, die Strukturen der Medien und ihre professionellen Verfahrensweisen zu verändern. (3) Es muss nachgedacht werden über eine professionelle Politik, die die Selbstmanipulation der Medien und ähnliche Zwänge reduzieren könnte. (4) Es muß daran gearbeitet werden, einen Friedensdiskurs zu entwickeln, der über hinreichend hohen Nachrichtenwert verfügt. Dafür kann auf bereits vorhanden Erkenntnisse und innovative Projekte aufgebaut werden..

 

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Zum Autor: Dov Shinar, Professor und Chair, Department of Communication Studies; und Leiter des Burda Center for Innovative Communications an der Ben Gurion Universität, Israel; Professor Emeritus, Concordia University, Montreal. Forschungsinteressen, u.a.: sozio-kulturelle Dimensionen von Kommunikationstechnologien; internationale Kommunikation; Medien in Krieg und Frieden; Medien und Entwicklung, kollektive Identitäten, institutionelle Veränderungsprozesse, Medienpädagogik und kommunale Medien.

Adresse: Department of Communication Studies, Ben Gurion University of the Negev (www.burdacenter.bgu.ac.il), P.O. Box 653, Beer Sheva 84105. eMail: shinard@bgumail.bgu.ac.il