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Christian Büttner,
Joachim von Gottberg & Magdalena Kladzinski, 2005. Krieg in Bildschirmmedien.
München: kopaed.
Wir leben in einer
Welt, in der räumliche und zeitliche Entfernungen durch bildgebende
Medien wie Satellitenfernsehen und Internet zunehmend an Bedeutung verlieren
und jede kriegerische oder gewaltsame Auseinandersetzung von noch so entlegenen
Orten auf dem Globus sich via Satellitenübertragung nahezu ohne Zeitverzögerung
in unsere Wohnzimmer oder über das World Wide Web auf den Computermonitor
unserer Kinder drängt. Deshalb ist es dringend notwendig, die Auswirkungen
dieser Bilder und Berichte auf Kinder und Jugendliche und auch auf uns
selbst verantwortlich wahrzunehmen, aufzufangen und gegebenenfalls zu
beschränken.
Der Aktualitätsdruck der Presse verlangt die Ausstrahlung wichtiger
Ereignisse insbesondere in Kriegssituationen auch zu Zeiten, wenn Kinder
und Jugendliche fernsehen, wodurch sie zwangsläufig mehr oder weniger
heftigen Gewaltdarstellungen ausgesetzt werden. Wie können wir uns
und unsere Kinder vor den Wirkungen dieser Bilder schützen? Welche
Stellen sind dafür zuständig? Welche gesetzlichen Bestimmungen
gelten?
Dieses Buch
entstand anlässlich der Diskussion um die Ausstrahlung des insbesondere
aufgrund seiner umstrittenen blutigen Anfangssequenz erst ab 16 Jahre
freigegebenen Kriegsfilms "Der Soldat James Ryan" im frühen
Abendprogramm, wenn auch jüngere Kinder noch am TV-Programm teilnehmen.
In diesem Zusammenhang erstellten die Autoren eine detaillierte Übersicht
über die verschiedenen Gremien und Institutionen, die sich mit Regeln
und rechtlichen Bestimmungen zum Schutz der Kinder und Jugendlichen und
auch der Erwachsenen vor Gewaltdarstellungen in Internet, Computerspielen,
Nachrichten und Spielfilmen befassen, und erklären anschaulich deren
Vorgehensweisen. Darüber hinaus werden auch konkrete, praktische
und didaktische Ansätze zur Behandlung dieser Thematik in der pädagogischen
Praxis sowohl für den Schulunterricht als auch für die außerschulische
Bildungsarbeit erläutert.
Im ersten Teil
des Buches beschäftigen sich der Psychologe Christian Büttner
und die Kulturwissenschaftlerin Magdalena Kladzinski mit der Rolle der
Medien als Informationslieferant und hinsichtlich ihrer Darstellung der
Kriegswirklichkeit, wobei die aktuellen Begriffe "Infotainment",
"Politainment" und "Militainment" aufgegriffen werden.
Magdalena Kladzinski vergleicht gezielt die Gestaltungsprinzipien von
Krieg in Kriegsfilmen, TV-Nachrichten und Computerspielen.
Der zweite Teil
des Buches stellt die Darbietung von Krieg in den Bildschirmmedien in
einen gesellschaftspolitischen Zusammenhang. Magdalena Kladzinski setzt
sich mit der Frage auseinander, welche Rolle die Medien in Demokratien
und Nicht-Demokratien spielen und in welchem Verhältnis Medien, Militär
und Politik zueinander stehen. Die Medienpädagogin Claudia Mikat
wendet sich dem Problem zu, wie viel Gewaltdarstellung Zuschauer vertragen,
und veranschaulicht an mehreren konkreten Beispielen die Entscheidungspraxis
der Freiwilligen Selbstkontrolle (FSK). Jürgen Hilse, Mitarbeiter
der Obersten Landesjugendbehörden bei der Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle,
gibt anhand realer Beispiele einen Einblick in die Schwierigkeiten und
Bewertungskriterien bei der Beurteilung der Freigabe bzw. Altersbeschränkung
von Computerspielen. Sabine Frank von der Freiwilligen Selbstkontrolle
Multimedia-Diensteanbieter (FSM) und die Medienwissenschaftlerin Isabell
Rausch erläutern an zwei Fallbeispielen das Vorgehen und die Argumentation
bei Entscheidungen des Beschwerdeausschusses der FSM über Klagen
hinsichtlich gewalthaltiger Darstellungen im Internet. Christian Büttner
und Magdalena Kladzinski runden diesen Teil ab, indem sie sich mit der
Verarbeitung von Kriegstraumata am Beispiel der Kriegsveteranen, ihrer
Integration in die Gesellschaft und der entsprechenden Behandlung in den
Medien auseinandersetzen.
Der dritte Teil
des Buches liefert Informationen über das Genre "Kriegsfilm",
die Produktion von Nachrichten für Kinder, die Entwicklung und Vermarktung
von Computerkriegsspielen und die pädagogische Arbeit mit Kindern
und Jugendlichen in Bezug auf den Umgang mit dem Thema "Krieg"
und seiner Präsentation in den Medien. Die Pädagogin Maya Götz
geht gezielt auf Aspekte der Bearbeitung von Krieg in den Nachrichten
für Kinder ein und verdeutlicht dies an verschiedenen greifbaren
Beispielen wie der Kindernachrichtensendung "logo!". Der TV-Redakteur
Hans-Otto Horst gibt einen Überblick über die Entstehung und
Wandlung des Kriegsfilms von Beginn der Filmgeschichte an und erläutert,
wie dabei Themen des Ersten und Zweiten Weltkriegs, des Vietnamkriegs
und der Golfkriege umgesetzt wurden. Die Entwicklung von Kriegsspielen,
die Zusammenarbeit von Unterhaltungsindustrie und Militär und Aspekte,
welche die Anwendung des Jugendschutzgesetzes behindern, werden von Hartmut
Gieselmann, Redakteur des Computermagazins "c't", anhand mehrerer
Beispiele eindrücklich beschrieben. Eine ausführliche Datenbank
zu den Genres Kriegsfilm und Computerspiele befindet sich auf der beigefügten
CD-Rom. Christian Büttner und Magdalena Kladzinski steuern Ergebnisse
einer Befragung und Auswertung von Gruppendiskussionen mit Jugendlichen
zum Thema Kriegsdarstellung in den Medien bei. Hinweise und Anleitung
für die konkrete Umsetzung der bislang dargelegten theoretischen
Erkenntnisse in der praktischen pädagogischen Arbeit liefert der
Pädagoge Günther Gugel. Die reichhaltigen didaktischen Materialien
dazu werden auf der beiliegenden CD-Rom mitgeliefert. Zu guter letzt beschreibt
der Kunstpädagoge Jochen Krautz ein bereits durchgeführtes pädagogisches
Unterrichtsprojekt zum Irakkrieg 2003, in welchem deutlich wird, dass
Friedenspädagogik sowohl einen rationalen als auch einen emotionalen
Zugang zum Thema bieten muss, wenn sie wirkungsvoll umgesetzt werden soll.
Das vorliegende
Buch liefert nicht nur eine anschauliche und verständliche Übersicht
zu theoretischen Aspekten und rechtlichen Grundlagen innerhalb der Thematik
"Krieg in Bildschirmmedien", sondern auch Ideen für die
konkrete Umsetzung der Erkenntnisse in die pädagogische Praxis. Beide
Teile werden durch ausführliches Material auf der mitgelieferten
CD-Rom ausgezeichnet ergänzt. Dabei wird die Vielschichtigkeit des
Themas erhalten und insbesondere die Besonderheit der Darstellung von
Krieg und Gewalt für Kinder und Jugendliche greifbar und ausdrucksvoll
aufbereitet. Entscheidungen der FSM und FSK werden für den Leser
nachvollziehbar.
Insgesamt stellt dieses Buch eine gelungene Zusammenstellung sich optimal
ergänzender Beiträge aus unterschiedlichen Bereichen dar, die
sich mit verschiedenen Gesichtspunkten der Darbietung von Krieg und Gewalt
in den Medien auseinandersetzen.
Der psychoanalytische Zugang zur Bewältigung der Traumata von Kriegsveteranen
im Rahmen dieses sonst eher in Richtung medialer Darstellung orientierten
Buches mag auf den ersten Blick vielleicht etwas befremdlich wirken, da
sich dieses Kapitel mit der Verarbeitung unangenehmer Emotionen und Verletzungen
auseinandersetzt und dabei über Aspekte der medialen Umsetzung deutlich
hinausgeht. Um ein Verständnis für die Parallelen der psychologischen
Vorgänge im Individuum und der äquivalenten gesellschaftlichen
Prozesse zu erhalten, ist diese psychologische Bearbeitung des Themas
jedoch notwendig.
Auf jeden Fall bildet dieses Buch eine interessante, anregende Lektüre
nicht nur für jeden, der im Bereich Friedensforschung, -pädagogik
und Medienpädagogik tätig ist , sondern insbesondere auch für
Eltern - und auch Nicht-Eltern -, die mit Gewaltdarstellungen in den Bildschirmmedien
verantwortlich umgehen wollen.
Monika
Spohrs
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Über die Autorin:
Monika Spohrs, geb. 1965 in Eppstein/ Hessen. 1999-2006 Studium der Psychologie
und Medienwissenschaften an der Universität Konstanz. Seit 2002 Mitarbeiterin
in der Projektgruppe Friedensforschung. Arbeitsschwerpunkt: Experimentelle
Rezeptionsforschung. Aktuelle Publikationen: Reception and acceptance
of constructive conflict coverage - Design of an experimental study (gemeinsam
mit Ute Annabring, 2004); Glaubwürdigkeit und Attraktivität
von eskalations- und deeskalationsorientierten Nachrichtentexten (gemeinsam
mit Burkhard Bläsi, Susanne Jaeger und Wilhelm Kempf, 2005); Über
den Nachrichtenwert von Friedensjournalismus - Ergebnisse einer experimentellen
Studie (2006).
Adresse: Fachbereich
Psychologie, Universität Konstanz, D-78457 Konstanz.
eMail: Monika.Spohrs@uni-konstanz.de
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