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In conflict &
communication online Vol. 4, No. 2, 2005, nahm ich die Rezension des
von Martin Löffelholz (2004) herausgegebenen Buches "Krieg als
Medienereignis II. Krisenkommunikation im 21. Jahrhundert" zum Anlass,
mich mit Thomas Hanitzschs Kritik des Friedensjournalismus grundsätzlich
auseinanderzusetzen.
Die Hauptkritikpunkte, die ich damals gegen Hanitzsch vorbrachte, bezogen
sich u.a. auf seine Argumentationsform, die mir zu polemisch erschien
und der ich vorwarf, dass sie die einschlägige Grundlagenforschung
ignoriere. Mit Friedensjournalismus, so hielt ich Hanitzsch entgegen,
sei de facto nichts anderes gemeint als ein kompetenter Journalismus,
der den professionellen Normen der Objektivität, Neutralität
und Wahrheitstreue gerecht wird und der ein Abgleiten in Propaganda und
Public Relations erfolgreich vermeidet. Statt sich mit diesem Programm
auseinanderzusetzen, polemisiere Hanitzsch gegen sein eigenes Verständnis
von Friedensjournalismus, den er "als Programm der journalistischen
Berichterstattung" definiert, "das einen publizistischen Beitrag
zur friedlichen Konfliktaustragung leistet" - hinreichend vage, um
die Grenze zu Public Relations offen zu halten und dem friedensjournalistischen
Projekt realiter nicht zutreffende Dinge zu unterstellen, gegen die man
dann zu Felde ziehen kann.
Gegen Ende meiner Rezension sprach ich schließlich die Einladung
aus, von beiderseitigen Polemiken Abschied zu nehmen und statt dessen
einen auf empirische Forschung gegründeten wissenschaftlichen Diskurs
über Friedensjournalismus zu beginnen. Davon könnten beide Seiten
nur profitieren, und wer weiß, vielleicht erfülle sich eines
Tages sogar Hanitzschs Prognose, dass niemand mehr von Friedensjournalismus
spricht - ganz einfach deshalb, weil die Qualität des Journalismus
und der Journalistenausbildung dann ein Niveau erreicht haben werde, auf
dem kompetente Konfliktberichterstattung, die den professionellen Normen
des Journalismus gerecht wird, zur Regel geworden sei.
Mit den Worten "Wer austeilt, muss auch einstecken können"
nahm Thomas Hanitzsch meine Kritik damals sehr sportlich auf und meine
Einladung spontan an. Gemeinsam haben wir die Konzeption des nun vorliegenden
Themenhefts von conflict & communication online erarbeitet, in dem
zwei der prominentesten Kritiker (David Loyn und Thomas Hanitzsch) und
zwei der dezidierten Vertreter (Jake Lynch und Samuel Peleg) des Friedensjournalismus,
davon je ein Journalist (David Loyn und Jake Lynch) und je ein Sozialwissenschaftler
(Thomas Hanitzsch und Samuel Peleg) ihre Argumente austauschen. Auf ausdrücklichen
Wunsch von Thomas Hanitzsch kommt mir als dem Herausgeber der Zeitschrift
dabei die Aufgabe zu, die Texte durch das vorliegende Editorial und eine
abschließende Synthese einzuklammern. (Dass letztere ebenso wie
die anderen Aufsätze dem üblichen Peer-Review-Verfahren unterworfen
wurde, versteht sich von selbst.)
Dass die "Friedensjournalismus-Kontroverse" in der von uns konzipierten
Form realisiert werden konnte, ist der Kooperationsbereitschaft und Einsatzfreude
aller daran beteiligten Autoren und Gutachter geschuldet. Indem es uns
gelungen ist, mit David Loyn und Jake Lynch zwei erfahrene Journalisten
von höchster internationaler Reputation in dieses Projekt einzubinden,
ist conflict & communication online auch einen großen
Schritt weiter auf dem Weg gekommen, nicht nur ein Diskussionsforum für
Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaftler darzustellen, sondern die
vielfältigen wissenschaftlichen Perspektiven, unter denen Konflikt
und Kommunikation erforscht werden, mit praktischen Erfahrungen in Dialog
treten zu lassen.
Konstanz
Berlin
Im Oktober 2007
Wilhelm
Kempf
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