conflict & communication online, Vol. 14, No. 1, 2015
www.cco.regener-online.de
ISSN 1618-0747

 

 

 

Felix Koltermann (2014). Fotografie und Konflikt. Texte und Essays. Norderstedt: BoD.
ISBN 978-3-7357-2397-0, 76 S., 5,90 € .

In diesem Buch teilt Felix Koltermann – Diplom-Fotodesigner, Friedens- und Konfliktforscher, freier Journalist, Trainer und Lehrbeauftragter im Bereich der zivilen Konfliktbearbeitung und des (Foto-) Journalismus – seine Forschungsergebnisse, Wahrnehmungen und Beobachtungen in Form von 17 Texten und Essays mit. Diese sind kurz und prägnant, aber auch inhaltsreich und intellektuell anregend. Sie lassen sich am besten als eine Gedankenreihe beschreiben, die unterschiedliche Aspekte, Verhältnisse und Wechselwirkungen zwischen Fotografie und Konflikten aufgreift. Koltermann stellt viele Fragen in den Raum, um „die aktuelle Form globalisierter Fotographie kritisch zu reflektieren“. Dabei gelingt es dem Autor, den Lesern thematisch relevante Begriffe zu erklären und somit auch Bezüge zu theoretischen Grundlagen der Konflikt- und Medienforschung herzustellen.
Während Fotografien als Referenz auf reale Situationen fungieren, sind sie aber keine reinen Abbilder der Realität. Stattdessen öffnen sie ein Fenster zur Realität, das dem Blickwinkel des Fotografierenden und/oder der Medienpolitik einer Presseagentur entspricht. Der Gesamtprozess, der zwischen der Intention des Fotografierenden bei der Bildaufnahme bis zur Bedeutungskonstruktion des publizierten Bildes durch die Rezipienten abläuft, ist vielschichtig und von einer Reihe von Entscheidungen geprägt. Über welche Bildkompetenzen sollten konfliktsensitive Fotografen verfügen? Welche Grundhaltung ist für diese Profession notwendig? Welches Sicherheitsrisiko ist mit einer Bildaufnahme und deren Veröffentlichung verbunden? Sollte das fotografische Rohmaterial zu einer bestimmten Konfliktsituation durch „unabhängige“ Profis mit modernster Technik oder eher durch lokale Amateure erstellt werden, die sowohl über einen Zugang zu Konfliktzonen als auch über einen Bezug zu einer der Konfliktparteien verfügen? Welche Botschaft sollte eine Aufnahme einem potenziellen Betrachter übermitteln? Wie könnten die Fotografierenden die „Beweiskraft“ der Aufnahmen sicherstellen, um „die Legitimität des eigenen Handelns bzw. die Illegitimität des Handelns des Anderen zu untermauern“? Wie sollten Bilder anschließend verschlagwortet werden, damit sie in einem immer größer werdenden Pool an Bildern überhaupt gefunden und zur passenden Illustration eines Texts genutzt werden? Wird die Deutung der Kriegsbilder erst durch eine Bildunterschrift möglich oder wird diese absichtlich anders als ursprünglich gemeint flexibel angepasst? Nachdem diese und viele andere Entscheidungen medien-politisch oder situationsbedingt getroffen wurden und Bilder publiziert wurden, bleibt den kritischen Lesern stets zu hinterfragen, inwieweit Pressephotos und somit Medienprodukte einen Zugang zur „Konfliktrealität“ tatsächlich ermöglichen.
Während sich die Überlegungen zur Bildproduktion in Konfliktsituationen wie ein roter Faden durch das ganze Buch ziehen, geht Koltermann auch auf Fragen nach „Nicht-Fotografieren“, Unschärfe und Ethik im Fotojournalismus, der negierten Urheberschaft, Fotofestivals, Kriegsbilder à la Hollywood, Training für den Krieg, Krieg im Web 2.0 und viele andere ein. Koltermanns Kernaussage bezieht sich auf die Suche nach Menschlichkeit, Humanität, Respekt und einer gewaltfreien Lösung der Konflikte, die bei der fotografischen Arbeit und Entscheidungsfindung im Konflikt stets im Vordergrund stehen sollten.

Irina Volf

 

     
 

Über die Autorin: Irina Volf erwarb den Titel eines Dr. rer. soc. In Psychologie an der Universität Konstanz (Deutschland). Zur Zeit arbeitet sie als Forscherin am Institut für Sozialarbeit und Sozialpädagogik in Frankfurt am Main. Ihr gegenwärtiger Forschungsschwerpunkt liegt auf dem Gebiet der Evaluation von Strategien und Programmen zur Prävention von Rechtsextremismus.

zurück zum Inhaltsverzeichnis